Auch eine Schnecke macht Strecke!
Der 40. Berlin Marathon am 29. September 2013 war das große Highlight unserer Deutschland Reise im September dieses Jahr, WAS für ein Erlebnis!
Unser Marathon Wochenende begann am Freitag mit dem Besuch der Expo und Registrierung am historischen Flughafen Tempelhof. Mit der U-Bahn kamen wir dort an und alles war super organisiert. Die tolle Musik und Atmosphäre brachte mich sofort in Lauf- Laune und machte die Aufregung vor dem großen Tag sogar noch etwas größer! Mehrere riesige Hallen dienten den Ausstellern rund ums Laufen und Inline- Skaten. Und auf dem ehemaligen Runway war einer der historischen Rosinen-Bomber zu sehen sowie hunderte Inline- Skater, die sich für den nächsten Tag schon einmal ‚warm-skaten‘ wollten.
Am Tag vor dem Berlin Marathon nahmen wir dann auch am Breakfast Run teil, der am Charlottenburger Schloß mit einigen tausend Teilnehmern stattfand. Dieser Fun Run ist meiner Meinung nach der perfekte Einstieg für den Marathon gewesen, die 6km sind super, um die Beine etwas zu lockern und einfach Spaß mit all den anderen Marathonis zu haben. Bei diesem Breakfast Run ist es geradezu Pflicht, entweder verkleidet, mit Perücke oder sonstigem zu laufen oder – als Nicht-Deutscher- seine Heimatflagge wehen zu lassen. Das haben Andrew und ich natürlich ebenfalls gemacht und so trafen wir nach kurzer Zeit – mit wehender Südafrika- Flagge – auf weitere Deutsch- Südafrikaner, die auch noch unsere Freunde hier in Kapstadt kannten. Und nach dem Lauf trafen wir sogar noch zufällig Andrews frühere Deutschlehrerin Bettina auf dem Weg. Die Welt ist tatsächlich ein Dorf… ☺
Nachdem der Breakfast Run im Olympia- Stadion endete, gab es dann noch ein Frühstück, wobei das sehr chaotisch mit viel Gedränge ablief und viele Stände recht schnell nichts mehr hatten… machte aber nichts, einen Saft, Apfel und Croissant konnten wir ergattern und insgesamt ist der Breakfast Run wirklich zu empfehlen. Übrigens war sogar Haile Gebrselassie als VIP am Start mit dabei!
Am Sonntag morgen war dann endlich der große Tag gekommen! Für südafrikanische Verhältnisse begann der Marathon recht spät, denn der Startschuß für die Gruppen A und B fielen erst um 08h45.
Um halb 7 saßen wir – mehr oder weniger wach- in der U-Bahn Richtung Potsdamer Platz, wo wir mit tausenden Läufern zusammen dann in Richtung Brandenburger Tor und Straße des 17. Junis liefen.
Noch fix ein paar Fotos vor dem Brandenburger Tor in der Morgensonne gemacht und sozusagen das Ziel als Bild eingeprägt, danach ging es zu den Gepäckabgabe- Zelten. Andrews Zelt war recht schnell gefunden, allerdings waren die Gepäckabgabestellen für Frauen ein gutes Stück entfernt und gegen den Strom von tausenden Läufern… um ca. 08h30 standen wir dann endlich in unserer Startgruppe E und ‚Ready to rumble‘. Die Atmosphäre am Start ist einfach fantastisch, absoluter Gänsehaut – Moment, als es dann endlich losging. Natürlich dauert es eine Weile, bis man überhaupt erst die Startlinie überquert, aber da für mich die Finish- Zeit bei diesem Rennen nicht so wichtig war, störte mich das nicht. Andrew, der Blitz, war nach 2 Minuten dann auch weit vor mir in den Menschenmassen verschwunden und so startete ich meinen Marathon in meinem Wohlfühl-Tempo. Das Wetter war absolut perfekt, ca. 11 Grad kühl, aber sonnig und keine Wolke am Himmel.
Da ich zu den langsameren Läufern gehöre ( meine schnellste Halbmarathon Zeit liegt bei 2h16) und mir klar war, dass ich bei diesem riesigen Event eine Bestzeit nicht realistisch sein würde, konnte ich ganz ohne Zeitdruck laufen und das war für mich genau richtig. Alle 10 – 12 Minuten machte ich einen Foto- oder Wasserstop, danach ging’s wieder weiter.
Da die Marathonstrecke uns durch komplett unterschiedliche Gegenden führte, gab es einfach überall etwas zu sehen und die ersten 21 km vergingen eigentlich wie im Flug. Natürlich muss aber an dieser Stelle auch gesagt werden, was für einen absolut fantastischen Support man von den Zuschauern am Straßenrand bekommt. Ich laufe seit 5 Jahren und habe auch schon einige, größere Rennen mitgemacht. Aber dass man auf der kompletten Strecke, an jeder Ecke, auf jeder Brücke, an jeder Kreuzung hunderte Leute sieht, die uns Läufer angefeuert haben, das habe ich so zum ersten Mal erlebt. Dass bei mir die letzten 20km relativ gut liefen, habe ich nicht zuletzt den Berlinern zu verdanken, die mich immer wieder angefeuert und für mich geklatscht haben. Eine wildfremde Frau rief mir irgendwo in Kreuzberg zu: ‚Julia, Du schaffst das! Du bist meine Heldin!!! ☺
Nach der 30 Kilometer Marke ging das Laufen bei mir dann nicht mehr ganz so locker flockig, aber immerhin rückte das Ziel immer mehr in greifbare Nähe und mit regelmäßigen Gehpausen ging es dann vergleichsweise gut bis zum Kilometer- Marker 41. Von hier aus sieht man recht schnell dann das Brandenburger Tor einige hundert Meter vor sich und obwohl es zu diesem Zeitpunkt bereits ein laaanger Tag war, scheinen die Beine auf einmal die letzten 40km komplett vergessen zu haben….die letzten 500m konnte ich einfach nur noch genießen, es geht am Hotel Adlon vorbei und dann durchs Brandenburger Tor. Nicht nur, was sich an diesem Ort geschichtlich abgespielt hat, auch dass ich es tatsächlich durch den Marathon geschafft habe, machten diesen Moment für mich einfach unbeschreiblich. Nur noch einige Meter bis zur Ziellinie und es war geschafft! Leider hatten sich die Organisatoren verkalkuliert und hatten leider keine Marathon- Medaillen mehr, als ich nach 5h40 ins Ziel lief. Aber zumindest bekam ich eine Ersatz- Medaille vom Mini- Marathon mit dem Versprechen, meine richtige Medaille nach Hause zu schicken. Ich hoffe mal, die kommt noch an in den nächsten Wochen, aber eigentlich ist es kein Beinbruch, wenn nicht. Dieser Lauf wird für mich unvergesslich bleiben und mit Sicherheit auch nicht das letzte Mal sein.
Ein weiteres Highlight beim Berlin Marathon war natürlich Wilson Kipsangs neuer Weltrekord von unglaublichen 2:03:38. Meine absolute Hochachtung für diese tolle Leistung!
Von diesen Zeiten kann ich selber zwar nur träumen, aber immerhin, ich bin den Berlin- Marathon erfolgreich und mit viel Spaß gelaufen und letztlich gilt das Motto: Auch eine Schnecke macht Strecke! ☺